Die Kegeldiskussion
Der Kegelsport kann auf eine lange Tradition zurückblicken. Das Alter der
ältesten Funde schätzt man auf ca. 5500 Jahre. Erst viel später wurden die
Sportgeräte genormt und ein Leistungssport ist aus der langen Tradition
entstanden. Diese Normung erlaubt es den Sportlern, überall nahezu gleiche
Bedingungen vorzufinden. Einer der ersten Schritte war die Vereinheitlichung
der Kegel.
Die nebenstehende traditionelle Kegelform (AF für “alte Form”) ist wohl auch Nicht-Keglern hinreichend bekannt. Sie wurde bereits früh
entwickelt und zunächst aus Holz hergestellt. Bis heute hat sich diese Form nur wenig verändert, es wurde lediglich die Form stabilisiert
und unter Ausnutzung von Toleranzgrenzen perfektioniert. 2003 kam die unerwartete Wende: Eine neue Kegelform (NF) wurde entwickelt.
Dies wurde zunächst darin begründet, dass die U14-Jugendlichen, die zum Spielen mit nur 140mm großen Kugeln verpflichtet sind, durch
eine Gasse spielen können, ohne einen Kegel zu treffen (bzw. keinen der 5 Frontkegel, wenn man es genau nimmt). Ein solcher Wurf wird
Durchläufer genannt und darf wertungsfrei wiederholt werden. Der Kegel der “dicken Form” kam auf den Markt (zweites Bild) und das
Kegeln wurde einfacher - allerdings nicht nur für die Jugendlichen.
Vielerorts wurde und wird kontrovers diskutiert, welche Kegelform denn nun “besser” sei, z.B. in Foren, anderen Internetplattformen oder
in Vereinen. Betrachtet man die Entwicklung, so stellt man fest, dass sich der neue NF-Kegel im Bereich Classic innerhalb von 10 bis 15
Jahren nahezu vollständig etabliert hat. Es gibt nur einige wenige Bahnbetreiber, die noch auf den alten Kegel schwören. In den Bereichen
Schere und Bohle sieht es etwas anders aus: Hier hat sich NF nicht überzeugend durchgesetzt. Eine Weiterentwicklung des neuen Kegels
stellt der noch heftiger diskutierte Holzkegel (NF-1) dar - doch dazu später mehr. Im Folgenden sollen die beiden Kegel ausführlich miteinander verglichen
werden und am Ende ziehe ich ein persönliches Fazit, das auf meiner Erfahrung einerseits als Sportkegler, andererseits als Bahnwart beruht.
Warum dicke Kegelform?
Wie eingangs erwähnt ist der NF jugendfreundlich. Er ist am Berührpunkt der U14-Kugel etwa 11cm breit. Verrechnet man diese Zahl mit der Breite des
Kegelstandes (1 Meter), so erhält man eine Gassenbreite von 14cm. Die Jugendkugel ist ebenfalls 14cm breit, sodass ein Durchläufer nahezu unmöglich ist
- sieht man einmal von einem möglichen Drall und Ungenauigkeit beim Stellvorgang ab. Beim AF ist die Gasse 15cm breit, d.h. die Jugendkugel hat eine
beidseitige Toleranz von 5mm, die “Front” (bestehend aus Kegel 1,2,3,4 und 6) ohne Kegelfall zu passieren. Obwohl diese 5mm
unbedeutend anmuten, kommen bei der alten Kegelform häufig Durchläufer vor. Diesem
Effekt konnte der NF weitestgehend entgegenwirken.
Ein weiteres beliebtes Argument pro NF ist die Anfängerfreundlichkeit. Wenn jemand mit dem
Kegelsport beginnt, wird es ihn anspornen, wenn zu Beginn möglichst viele Kegel fallen. So
kann der dicke Kegel womöglich langfristig zu einer besseren Bahnbelegung und dem Erhalt
des Kegelsports beitragen.
Hinzu kommen technische Vorteile. Beispielsweise wird der Kegelbereich durch den
vergrößerten Radius im Bodenbereich (je nach Ausführung 6mm/ 8mm) geschont. Außerdem wurde beobachtet, dass der NF seltener an
seiner schmalsten Stelle (Hals) bricht als der AF. Auch an die Zukunft wurde gedacht: Sollte es im Kegelsport zur Verwendung von seillosen
Kegelstellern kommen, so braucht der König nicht aussortiert werden. Im AF-Satz besitzt der König eine 3cm hohe Kappe, im NF-Satz sind
alle neun Kegel identisch. Es wird auch mit einer besseren Standfestigkeit für den NF geworben, der eine veränderte Geometrie zugrunde liegt.
Das wichtigste Argument für die NF-Kegelform ist jedoch die Besonderheit, dass sich das Schlagverhalten, sprich die Fallfreudigkeit der Kegel wesentlich
besser ist. Durch den um 1cm vergrößerten Bauchumfang sowie die um 22mm kleinere Standfläche ist der Kraftimpuls wesentlich geringer, um den NF-
Kegel zu Fall zu bringen. Dies gilt technische Innovation, die das Kegeln einfacher macht und die Kegler höhere Zahlen spielen lässt. Hört sich nach einer
klaren Verbesserung an, oder?
Ich bin Jahrgang ‘97 und Sportkegler seit 2007, d. h. ich fing gerade zu der Zeit mit dem Kegeln an, als die meisten Bahnen auf den NF-Kegel umgerüstet
wurden. Die Zeiten, als alle Bahnen mit dem traditionellen AF-Kegel ausgestattet waren, kenne ich also gar nicht mehr. Trotzdem bin ich nicht wirklich
überzeugt vom dicken Kegel, was ich im Folgenden begründen möchte:
Warum keine dicke Kegelform?
Lassen Sie uns die oben genannten Vorteile einmal hinterfragen.
Zur Jugendfreundlichkeit: Die Intention bei der Entwicklung des NF-Kegels war es, Durchläufer zu verhindern. Dies sollte dadurch erreicht werden, dass
die Gasse gleich breit wie die Kugelbreite der U14 ist. Es stimmt, dass die Durchläufer seltener geworden sind, allerdings kommen sie nach wie vor vor.
Erstens erzeugen Segmentlaufflächen oft einen starken Kugeldrall. Dreht sich die Kugel nun in die Gasse hinein, vergrößert sich diese um einige Millimeter
und Durchläufer sind trotzdem möglich, nur mit einer geringeren Wahrscheinlichkeit. Zweitens büßen die Zentriereinrichtungen der großen Hersteller
(z. B. Funk oder Vollmer) an Aufstellgenauigkeit ein, wenn keine Änderungen an den Zentrierglocken vorgenommen werden und die dicke Kegelform
eingesetzt wird. Das heißt, die Kegel werden häufig ungenauer zentriert als es beim AF-Kegel der Fall ist. Diese Stellungenauigkeit ist auf manchen Bahnen
so gravierend, dass sie von der Aufsatzbohle aus erkennbar ist. Hier kann es sehr schnell passieren, dass die Gassenbreite kleiner oder, was für die
Durchläufer entscheidend ist, größer wird. Der zusätzliche Zentimeter an Kegeldurchmesser wird hier relativiert. Natürlich lässt sich das verhindern, wenn
die Zentrierglocken leicht angepasst werden, was man aber auch erst einmal machen muss. Es gibt hier auch die Alternative, einen NF-Kegel mit
Zentrierkugel zu verwenden. In einem solchen Fall fällt dieser um, da die Kugel die Vertiefung im Boden verfehlt hat. Dies führt zu einem präziseren
Kegelstand, aber auch zu nervigen wiederholten Aufstellvorgängen.
Anfängerfreundlichkeit: Natürlich ist es richtig, dass Anfänger eher bei diesem Sport bleiben, wenn sich erste Erfolge zeigen. Allerdings ist es hirnrissig
und weit von der Realität entfernt, die Erfolge bei der Kegelform zu suchen. Stehen die richtigen Trainer und moderne Bahnen zur Verfügung, wird die
Entscheidung für oder wider den Kegelsport kaum von der Kegelform abhängen. Hier ist es viel wichtiger, dass die Chemie zwischen Verein und Neuling
bzw. zwischen Trainer und Schüler stimmt. Außerdem muss sich der Anfänger im Ambiente der Anlage wohlfühlen, usw…
Ein völliger Neuling im Kegelsport, d.h. die Hauptzielgruppe der Vereine, wird niemals das Schlagverhalten von AF und NF unterscheiden können,
geschweige denn die Kegel selbst. Ob aus der kleinen Gasse fünf oder sechs Kegel fallen, interessiert im ersten Training niemanden. Begründete
Gedanken über das Schlagverhalten kommen erst sehr viel später und mit zunehmender Erfahrung auf.
Technische Vorteile des dicken Kegels: Das Standardargument bezüglich der Technik ist
die Schonung der Schlagwandbeläge. Mein Verein spielt aktuell auf einer über 30 Jahre alten
Bahn und die Schlagwände bzw. deren Beläge mussten noch kein einziges Mal gewechselt
werden, weil sie von den Kegeln besachädigt worden waren. 25 Jahre davon wurde auf AF
gespielt. Ob der Kegel am Boden nun Radius 3 oder Radius 6 hat, ist den Schlagwänden
herzlich egal. Beliebt ist auch das Argument der Hersteller, der Wegfall des scharfkantigen
Kugellochs schone den Kegelbereich. Betrachtet man nun ein solches Loch, so kann man
nicht abstreiten, dass der “scharfkantige Gefahrenbereich” des AF (auf dem Bild ist der
Außenbereich dieser Kante rot markiert) aufgrund der Lage unmöglich die anderen Kegel
oder die Schlagwände berühren bzw. beschädigen kann. Dass dieses Argument Müll ist, erkannten die Hersteller selbst und entwickelten nach Kritik der
Kegler einen NF-Kegel mit Zentrierkugel. Außerdem “zeigt die Erfahrung, dass dünne Kegel schneller brechen als dicke.” Wenn Sie die beiden Bilder der
Kegelformen oben vergleichen, ist kaum sichtbar, dass die Hälse verschieden dick sind. Was Sie feststellen, heißt in Zahlen ausgedrückt: Der Hals des NF-
Kegels ist stolze 1,4mm dicker. Bei einer Halsdicke von 5cm ist das ein magerer Unterschied. Woher kommt dann die nachweisbare Tatsache, dass
Bahnbetreiber seit der Einführung des NF seltener die Kegel auswechseln müssen? Hier bietet es sich an, zwei Kegel miteinander zu vergleichen, nämlich
z. B. einen Syndur 2000 (AF) aus dem Jahr 2000 und einen Syndur 2000 aus dem Jahr 2018 (ebenfalls AF). Obwohl es sich um das gleiche Modell handelt,
fällt auf den ersten Blick auf, dass der 2018-er Kegel deutlich hochwertiger und ausgereifter ist. Dieser Qualitätsanstieg ist also über die Weiterentwicklung
des Materials entstanden, nicht über das Redesign der Kegelform. Klar ist, dass inzwischen die meisten Bahnen mit dem NF-Kegel ausgestattet sind,
welcher bedingt durch höhere Qualität seltener bricht. Dass neue AF-Kegel auch langlebiger sind als zuvor, fällt hier unter den Tisch, weil die
Referenzgruppe viel kleiner ist. Bzgl. des Austauschs von Ersatzteilen sind inzwischen alle Modelle von Kegeln verpresst, d. h. es gibt bei keinem der Kegel
mehr die Möglichkeit, Teile auszutauschen. Man kann also durch die finanzielle Brille einfach die Preise der Kegel vergleichen und stellt fest: Die alte Form
ist günstiger!
Beinahe selbstironisch finde ich das Argument der Orientiertheit an der Zukunft, d.h. der Einsatz des NF-Kegels in seillosen Kegelstellern durch den
Wegfall des Königskegels mit Krone. Auch ungeachtet der Tatsache, dass mit seillosen Kegelstellern völlig der Charakter des Kegelns zerstört würde, ist es
absolut unvorstellbar, dass sich diese im Kegelsport irgendwann durchsetzen werden. Sie sind wesentlich kostenaufwändiger, wartungsintensiver und
lauter, damit äußerst unattraktiv für Bahnbetreiber. Das Fallverhalten verschlechtert sich genauso, wie sich beim Bowling das Fallverhalten mit einem
Stringpinsetter “verbessert”. Mit einem Seitenblick in die Welt des Bowling stellen wir übrigens fest, dass immer mehr Bowlingcentren von seillosen
Pinsettern auf Seilpinsetter umrüsten. Man mag es kaum glauben: Bowling wird hier ausnahmsweise dem Kegeln angenähert, nicht umgekehrt (auch
wenn das Schwinden der seillosen Pinsetter aus Sicht der Bowler höchst kritisch zu betrachten ist, aber das ist ein anderes Thema…) Hinzu kommt, dass
diese seillose Automatik zwei Kegelsätze pro Bahn erforderlich macht. Dem Kegel die Krone wegzunehmen und dies als innovativen Vorteil aufzuzählen,
halte ich für einen schwachen Versuch, dem Kegelsport ohne viel Aufwand Innovation zuzusprechen. Mit dem letzten technischen Argument, nämlich die
erhöhte Standfestigkeit des dicken Kegels, schießt die neue Kegelform sich selbst ins Aus. Man mag sich darüber wundern, dass bei den Vorteilen des NF-
Kegels in einem Atemzug das verbesserte Fallverhalten und die erhöhte Standfestigkeit angepriesen werden.
Der Trumpf in der Hand der dicken Fraktion ist genau dieses
verbesserte Fallverhalten. Es ist offensichtlich, dass der NF-
Kegel mit 43mm Standfläche früher fällt als der AF mit 65mm.
In den Augen vieler Kegler ist es allerdings fragwürdig, ob das
überhaupt erstrebenswert ist. Zunächst einmal muss gesagt
werden, dass die Kegelform lediglich der drittwichtigste Faktor
beim Beeinflussen des Fallverhaltens ist. Zunächst einmal ist
wichtig, dass die Schlagwände der Kegelbahn richtig funktionieren. Eine Kegelbahn mit nachgebenden Schlagwänden kann niemals ein normales
Schlagverhalten zustande bringen, egal auf welche Kegelform gespielt wird. Der zweite Faktor ist die Oberflächenbeschaffenheit des Vierpasses bzw. der
Kegel. Rissige Vierpässe und verschlissene Kegel bremsen den Kegelfall. Wird eine Kegelbahn jedoch professionell gepflegt, wird der Vierpass behandelt
und die Kegel gereinigt, verbessert sich der Kegelfall unvergleichlich. Diese beiden Dinge, die Bahnpflege und Materialzustand, lassen die Kegelform zur
unwichtigen Nebensache werden. Je höher die Qualität der beiden Faktoren, desto geringer ist der Unterschied der Auswirkungen von AF und NF. Mit
anderen Worten: Es gibt Bahnen mit dünnen Kegeln, die fallfreudiger sind als schlecht gepflegte Bahnen mit dicken Kegeln.
Nachweisbar ist allerdings, dass auf weniger gut gepflegten Bahnen die Zahlen mit dem Kegelwechsel in die
Höhe schossen. Hier kann ich nur meine subjektive Meinung als Sportkegler einbringen. Wer die große
Gasse trifft, soll belohnt werden und wer in die kleine Gasse spielt, eben nicht. Falls Sie Sportkegler sind,
haben Sie wahrscheinlich schon beobachtet, dass sich beim Spiel auf die dünne Kegelform das
Schlagverhalten von der großen Gasse zur kleinen hin unglaublich verschlechtert. Würde man konstant auf
die kleine Gasse spielen, so wäre auf Dauer das Ergebnis bei der AF deutlich schlechter im Vergleich zur
großen Gasse (ob links oder rechts spielt keine Rolle). Beim NF-Kegel allerdings verschlechtert sich in der
kleinen Gasse das Ergebnis weniger drastisch oder bleibt sogar gleich. Da im Kegelsport die große Gasse erstrebenswert ist, gilt es als deutlicher Fehler, in
die kleine Gasse zu spielen. Die dünne Kegelform bestraft diesen Fehler und die dicke eben nicht, d. h. die dünne Kegelform verlangt dem Kegler ein
höheres Maß an Präzision ab. Meiner Meinung nach darf ein schlechter Wurf im Durchschnitt nicht ähnliche oder gleiche Resultate wie ein guter Wurf
bringen.
Vor diesem Hintergrund verärgert es, dass schlechtere Spieler mit einer schnellen Kugel auf das volle Bild gegenüber einem überdurchschnittlichen
Sportler mit “normaler” Kugelgeschwindigkeit im Vorteil sind, wenn auf die NF-Kegel gespielt wird: Sagen wir, der bessere Spieler trifft immer eine Stelle
zwischen den beiden Vorderdamen (Kegel 2 und 3). Der schlechte Spieler hat eine Toleranz von Bauer zu Bauer (Kegel 4 bis 6). Um den Gedankengang zu
vereinfachen, zunächst eine Analogie aus dem Dartsport: Hier befinden sich die niedrigen Zahlen wie die 5 oder die 1 neben der angestrebten 20, sodass
ein guter Spieler relativ oft leicht neben die 20 wirft und wenige Punkte kassiert (z. B. 26 in drei Würfen). Ein schlechterer Spieler trifft das gesamte Board,
auf dem auch hohe Punktzahlen verstreut sind. Analog dazu hat der schlechtere Kegler den Vorteil, dass die Bereiche, die eine höhere Zahl versprechen
(hauptsächlich die Gassen) überwiegen, während sich der Toleranzbereich des besseren Spielers auf nur zwei Gassen, die undankbare Mitte und die noch
undankbareren Damenpaare (2+7 sowie 3+8) beschränkt. Diese Ungleichheit schlägt sich im Ergebnis nieder, wenn die kleinen Gassen nicht wesentlich
schlechter “schlagen” als die großen Gassen. Auch auf gut gepflegten Bahnen fällt der AF-Kegel aus der kleinen Gasse schlechter als aus der großen.
Sportlich gesehen ist daher der AF-Kegel die effizientere Wahl, wie ich finde.
Beobachtet man nun den fragwürdigen Erfolg des NF-Kegels, so stellt man fest, dass die Ergebnisse besser werden, dass neue Rekorde aufgestellt werden.
Man muss sich jedoch fragen, ob das Niveau des Kegelsports gestiegen ist oder ob das verbesserte Material sein Übriges tut. Wenn ich bei der WM die
Kegel zahlreich aus der kleinen Gasse fallen sehe, frage ich mich, ob wir unserem Sport mit der Jagd auf vereinfachte Bedingungen einen Gefallen tun.
Als Sportkegler spiele ich inzwischen zu über 90% auf die dicke Kegelform. Auf unserer Vereinsanlage setze ich selbst die dicken Kegel ein, weil mich die
anderen Kegler sonst lynchen würden (”Bei uns ist das Kegeln schwieriger als auswärts…”). Trotzdem macht es mir immer wieder Spaß, endlich auf eine
Bahn mit dünnen Kegeln zu kommen, da hier Präzision mehr wert ist als Kugelgeschwindigkeit. Was gibt es Schöneres, als die dünnen Kegel auf einen
Schlag fallen zu sehen… Ich habe glücklicherweise schon mit genügend Bahnwarten gesprochen, die diese Ansicht teilen und denen der NF-Kegel
deswegen nicht auf die Bahn kommt. Und trotzdem, ich bin mit dem neuen Kegel “groß geworden” und habe ihn längst akzeptiert, obwohl er mir nicht
gefällt.
Warum keine Holzkegel?
Was ich jedoch nicht akzeptieren kann, sind die eingangs kurz erwähnten Holzkegel, genauer gesagt Kegel mit einem hohlen Holzkern
und einer Kunststoffummantelung. Man muss den Holzkegeln fairerweise zugestehen, dass deren Eigenschaften von Hersteller zu
Hersteller stark schwanken und nicht alle Modelle allzu “schlecht” sind. Aber was macht den Holzkegel so schlecht?
Sein Geheimnis liegt in der Unterschiedlichkeit von Verschleißerscheinungen zwischen Holzkern und Kunststoffmantel. Je länger auf
einen Holzkegel gespielt wird, desto stärker wird der Holzkern an den “Hotspots” (rot hervorgehoben) zusammengepresst. Die
Kunststoffhülle verändert ihre Form jedoch nicht, was zu einem immer größer werdenden Spalt zwischen dem Holzkern und dem
Kunststoffmantel führt; insbesondere dort, wo die Kugel den Kegel berührt. Dieser Verschleiß ist äußerlich nicht sichtbar und zeigt sich
erst, wenn man einen solchen Kegel einmal halbiert. Dieser entstehende Spalt führt zu einer starken Federwirkung: Einerseits werden
die Kegel ganz anders weggeschleudert als ein Kunststoffkegel. Andererseits federt der Kegel mehrmals, wenn er mit dem Kopf auf die
harte Vierpassplatte trifft, sodass insgesamt mehr Bewegung auf dem Vierpass herrscht, als üblich - der Bowler spricht von “pin action”.
Dies führt oft zu einem künstlichen Anstieg des Fallergebnisses und insbesondere zu einer hohen Abhängigkeit von der
Kugelgeschwindigkeit. Man kann aber nicht uneingeschränkt behaupten, dass die Ergebnisse zuverlässig 30-50 Holz besser sind als auf
Kunststoffkegel. Das Schlagverhalten wird vor allem “seltsamer”, d. h. es entstehen untypische Bilder. Ich erinnere mich an ein Spiel, das
verloren ging, weil der Spieler wenige Würfe vor Schluss mit einer guten Gasse das Kegelbild 1,2,3,7,8,9 erzielte - dies selbstverständlich
auf Holzkegel. Spiele dürfen nicht auf diese Weise entschieden werden.
Die Idee des Holzkegels ist offensichtlich nicht neu, sondern ist beim Bowling schon immer eine Selbstverständlichkeit. Der Kegelsport hat sich von den
Holzkegeln distanziert, als die Firma Rala die Syndur-Reihe auf den Markt brachte, die schließlich die positiven Eigenschaften des hölzernen “Ur-Kegels”
perfekt kopieren konnte, gleichzeitig aber die Haltbarkeit signifikant erhöhte. Dieser Spagat führte bis in die 2000er zur vollständigen Verdrängung der
Holzkegel im Kegelsport. Im Bowling blieb der Kunststoffkegel ein Randprodukt und wurde von vielen Seiten massiv abgelehnt. Vor einiger Zeit wurde von
einem der großen Kegelbahnhersteller jedoch wieder dieser ominöse Holzkernkegel entwickelt. “Back to the roots”, sozusagen. Dass der Holzkegel ein
völlig anderes Schlagverhalten als dünner oder dicker Kunststoffkegel bewirkt, ist jedem klar, der schon einmal darauf gespielt hat. Nie war es derart
bedeutungslos, in welche Gasse gespielt wird. Eine hohe Kugelgeschwindigkeit gibt dem “Bolzer” einen kaum wettzumachenden Vorteil gegenüber einem
gleich guten Spieler mit einer langsamen Kugel. Das darf nicht sein, wenn wir einen Sport auf hohem Niveau betreiben wollen. Aus der Ecke der Schere-
und Bohle-Spieler wird Classic als die gewaltsamste Disziplin abgetan, und sie haben vollkommen recht, wenn es auf Holzkegel alle paar Stunden passiert,
dass eine kleine Gasse mit 45 km/h eine Neun schlägt. Hier avanciert der Kegelsport dann wirklich zum Glücksspiel.
Vielen Dank und ein großes Lob an all jene, die kegelverrückt genug sind, diesen Text bis zum Ende durchzulesen. Sie sind vollkommen anderer Meinung
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